20. Tag von Lom nach Bechet 101,5 km


Es war einer dieser Tage, wo unsere Füße ein bisschen schwerer waren. Vielleicht war es auch der leichte Gegenwind, der uns zu schaffen machte. Die 730 Höhenmeter waren auf drei größere und zwei kleinere Hügel aufgeteilt. Zusätzlich fuhren wir auf dieser Etappe 20 km Umweg, da bei Mizia eine Brücke renoviert wurde. Die sanften Hügel gewährten uns immer wieder schöne Ausblicke auf die Donau. Nach ca. 40 km streiften wir die Hafenstadt Kosloduj. Hier befindet sich das einzige AKW Bulgariens, unter den Stromleitungen spielten unsere Tachos verrückt. Mitko zeigte mir in den Dörfern, die wir durchfuhren, die kleinen Schilder "Obraszov Dom" an den Hauszäunen. Das war die Auszeichnung für mustergültige Häuser, die die Kommunisten an die Besitzer vergaben, wenn sie ihre Häuser herausputzten. Er klärte mich auch über den omnipräsenten Vasil Levski auf. Er ist der "Andreas Hofer" der Bulgaren im Kampf gegen die Türken. Er wurde 1840 hingerichtet. 30 Jahre später führte der blutige niedergeschlagen Aprilaufstand 1876 zum russisch-türkischen Krieg. 1878 erlangte Bulgarien im Frieden von San Stefano die Unabhängigkeit. Dieser Tag (3. März) ist auch der bulgarische Nationalfeiertag.

Kurz vor der Grenze wurde ich bei einem kleinen Laden, in dem Mitko was zum Trinken besorgte, von einem Besoffenen aus irgendeinem Grund aufs Heftigste beschimpft. Er hatte wohl nichts mehr zu trinken oder halt einfach nur einen schlechten Tag. Wir fuhren weiter zur Donau, wo wir per Schiff auf die rumänische Seite wechselten. Dort wurden wir erst mal von einem kleinen wütenden Hund begrüßt, er sollte beispielgebend für die Köter dieses Landes werden. Das Hotel, das in unserer Karte in Bechet eingezeichnet war, war seit Jahren geschlossen. Das nächste Hotel war 50 km entfernt in Corabia. Ich versuchte gute Stimmung zu verbreiten "in zwei Stunden sind wir dort", munterte ich Mitko auf. Wir wollten uns nur noch auf der Tankstelle mit ein paar Schokosnacks eindecken, als der zu meiner Überraschung auch rumänisch sprechende Mitko der Verkäuferin sein Leid klagte. Sie griff zum Telefon und rief "Mario" an. Mario kam mit einem Hummer und er war Anfang 20. Wir folgten ihm und landeten in einer aufgelassenen Kaserne, wo er uns ein Zimmer zuteilte. Zum Wechseln der Bettwäsche war er nicht gekommen, aber wir breiteten einfach unsere Schlafsäcke drüber. Danach führte er uns einer dunklen Stiege folgend eine Etage tiefer, wo wir, falls wir wollen, was zu trinken bekämen. Das Lokal war offensichtlich eine nicht ganz legale Automatenhalle voll mit zwielictigen Zockern. Nachdem wir ein Bier getrunken hatten, nahmen wir die Räder ins Zimmer mit und machten uns zum einzigen Lokal in Bechet ans Abendessen, aber immerhin blieb uns eine 150 km Etappe erspart..

Mitko im Land seiner zweiten Muttersprache
Mitko im Land seiner zweiten Muttersprache
Blick auf den Hafen von Kosloduj
Blick auf den Hafen von Kosloduj
Unter den Stromleitungen der AKW Kosloduj spielte der Tacho verrückt
Unter den Stromleitungen der AKW Kosloduj spielte der Tacho verrückt
Mittagspause
Mittagspause
Wir können uns noch immer nicht satt sehen..
Wir können uns noch immer nicht satt sehen..
Vasil  Levski der Andreas Hofer der Bulgaren
Vasil Levski der Andreas Hofer der Bulgaren
"Obraszov Dom" die Auszeichnung der Kommunisten für schöne Häuser
"Obraszov Dom" die Auszeichnung der Kommunisten für schöne Häuser
 Die Fähre in Orjahovo
Die Fähre in Orjahovo
Überfahrt nach Rumänien
Überfahrt nach Rumänien
Land Nummer 8
Land Nummer 8
Das Zimmer in einer aufgelassenen Kaserne in Bechet
Das Zimmer in einer aufgelassenen Kaserne in Bechet