7. Tag Decin - Melnik 105 km 600 Hm
Für heute waren Temperaturen bis 34 Grad prognostiziert, also startete ich kurz vor 8:00 und genoss an der Elbe die morgendliche Kühle. Diese Etappe bin ich mit Maria schon 2019 gefahren, als wir von Dresden nach Linz unterwegs waren. An der Elbe gab es noch ein Foto von der Pastyrska Stena Burg die majestätisch über dem Fluss steht. Danach ging es linksseitig die ersten 25 Kilometer bis Usti nat Labem. Hier war wieder ein Foto der Marienbrücke fällig, die 1998 fertiggestellt wurde. Sie wird von Seilen getragen, die auf einem Pfeiler an der rechten Elbseite verankert sind. Fünf Minuten musste ich wieder das Fahrrad beim Kraftwerk über eine steile Stiege hoch und auf der anderen Seite runter tragen. Ich fragte mich wie das die Senioren mit ihren 40 Kg E- Bikes machen. Nach knapp 55 Km machte ich in Litomerice eine Kaffeepause, die Temperaturen erreichten hier schon die 30 Grad Grenze. Kurz danach glaubte ich überdimensionale Ratten am Radweg zu sehen, die sich mit Hilfe eines bayrischen Radler Pärchens das gerade Rast machte als Nutrias herausstellte. Das ist eine aus Südamerika stammende und in Mitteleuropa angesiedelte Nagetierart die sich offensichtlich ungehindert ausbreitet. Nach 60 Kilometern musste ich wegen Bauarbeiten eine 5 Km Umleitung in Kauf nehmen. In Roudnice Nad Labem wechselte ich über die Brücke auf die rechte Seite der Elbe. Auf einem schönen Radweg, gesäumt von Hopfenfeldern und Blumenwiesen, rollte ich nach Melnik. Hier hatten ich noch die letzte Steigung zur Burg hinauf zu bewältigen ehe es zum Hotel Olympionik hinunterging. Die Kellnerin im Restaurant zeigte mir das Thermometer, es zeigte 34 Grad an. Nach der Dusche ging ich die 300 Meter zum Hauptplatz hoch und genoss einen beschaulichen Abend am Hauptplatz.
8. Tag Melnik – Prag 61 km
Gleich vorweg sei gesagt, dass am Google Maps Track 1,5 km weniger aufscheinen. Hier ist mir in Prag vis-à-vis von der Insel Stvanice ein Bedienungsfehler auf der Garminuhr passiert, sodass die letzten 1,5 km zum Hotel nicht drauf sind.
Da ich mir Zeit lassen musste, um nicht zu früh in Prag zu sein, war heute eine Bummeltour angesagt. Kurz vor 8:00 startete ich in Melnik, wo ich bei der Abfahrt aus der Stadt noch ein paar Startfotos schoss. Nach 20 Kilometer stand ich vor den versperrten Toren des Schlosses Veltrusy, wo ich gerne den schönen Schlossgarten besichtigt hätte. Da sie jedoch erst um 10:00 öffneten, musste ich mich mit einem Blick durch das Gartentor begnügen. Gleich danach überquerte ich die gestaute Moldau und fuhr rechtsseitig weiter Richtung Prag. Hier gab es auf drei Kilometer einen recht abenteuerlichen Radweg, der eher einem MTB-Track glich als einem Fernradweg. Nach diesem kurzen Waldweg ging es bei Kralupy nad Vltavou erneut über die Moldau und linksseitig weiter.
Nach 35 km biegt man im rechten Winkel zur Moldau ab und hat auf 5 Kilometer 110 Höhenmeter zu überwinden, um danach sehr steil dieselben Höhenmeter wieder abzufahren. Hier keuchten mir im tiefsten Wiener Dialekt fluchend drei überbeladene Radfahrer entgegen. Mein „Wos gibts do zum Raunzen“ ließ sie schmunzelnd halten. Sie waren in Prag gestartet und wollten bis Hamburg rauf. Zehn Kilometer später stand ich vor dem barocken Lustschloss Troja. Es heißt, dass es errichtet wurde, um das Flair der „ewigen Stadt“ Rom nach Prag zu holen. Hier konnte ich durch den schönen Schlossgarten gehen und ein paar Erinnerungsfotos schießen. Vergnüglich war es auch, die Wildwasserpaddler in einem Wassersportpark in der Moldau zu beobachten. Dann fuhr ich relaxed den schönen Radweg nach Prag hinein. Im Stadtteil Karlin am Moldauufer aß ich noch eine Kleinigkeit, um nicht vor 13:00 im Hotel anzukommen. Danach durchfuhr ich durch einen 300 Meter langen Fußgängertunnel mit 8 % Steigung, der die Stadtteile Karlín und Žižkov verbindet, an dessen Ende sich mein Hotel Prokop Square befand. Ein rotzfrecher Jungspund begrüßte mich im perfekten Englisch, versorgte mein Rad und half mir beim Gepäck tragen, „da er nicht zusehen kann, wie sich ein alter Mann abmüht“. Es war 13:30 und ich saß im klimatisierten und sehr schönen Hotelzimmer. Nach einer Solobesichtigung der näheren Umgebung traf ich mich am Abend mit meinem Ex Kollegen Pavel in der Altstadt und wir verbrachten einen schönen Abend im Biergarten unter der Karlsbrücke.
9. Tag Prag – Kutna Hora 98,5 km
Ich war am Vorabend ein bisschen nervös, für heute war des Öfteren Regen angesagt. Zwei Tage vorher schickte ich meinen Ex Kollegen Jan meine Route und er erzählte mir, dass ich durch seine Heimatstadt fahren würde. Da am 15. August in Österreich Feiertag war, erklärte er sich spontan bereit, mich bei dieser Etappe zu begleiten. Als ich morgens zum Frühstück ging, regnete es in Strömen. Nach dem Frühstück wartete ich ab 8:00 im Hotelfoyer, dass der Regen endlich aufhört. Das Wetterradar prognostizierte 8:30. Um 8:29 startete ich in Prag. Durch den Tunnel runter war ich schnell an der Moldau und der Radweg Richtung Osten zur Elbe war sehr gut beschildert. Nach zehn Kilometern hatte ich einen moderaten Hügel mit knapp hundert Hm zu überfahren, danach ging es 15 Kilometer immer leicht fallend zur Elbe, die ich nach knapp 30 Kilometer erreichte. Das Wetter wurde immer schöner und ich war richtig euphorisch. Jan wartete ein paar Kilometer entfernt auf mich, per WhatsApp schickte er mir seine Position und eine viertel Stunde später trafen wir uns in Celakovice. Ich verzichtete nun selbstständig zu routen und lies Jan führen, seinem Rennrad geschuldet mussten wir ein paar Kompromisse in der Streckenführung machen. In Kersko führte mich Jan zu einer Heilwasser Quelle wo wir unsere leeren Flaschen auffüllten. Zwischenzeitlich war es wieder recht heiß geworden, das Wasser war eisenhaltig und als ich es nach einer halben Stunde, inzwischen warm geworden trinken wollte schmeckte es als sei es Jahrzehnte in einer rostigen Eisenröhre gewesen. Ich opferte den sonderbaren Trank der Mutter Erde. In Sadska, der Heimatstadt von Jan, gingen wir zusammen mit seiner Familie entgegen meinem normalen Rhythmus mittagessen. Ein bisschen Leid tat es mir um die Stadt Nymburk, die der neuen Streckenführung zu Folge buchstäblich „auf der Strecke blieb“. Bei Podebrady trafen wir wieder auf die Elbe, hier machten wir auch den Schwenk von Osten nach Süden, wo wir für die nächsten knapp zwanzig Kilometer bis Kolin radelten. Hier verließen wir die Elbe endgültig, die sich nach Osten verabschiedete, während wir die letzten zwanzig Kilometer nach Kutna Hora in den Süden fuhren. Kurz vor dem Ziel war noch eine Hundert Höhenmeter hohe Steigung zu bewältigen, ehe es in diese schöne Stadt runterging. Ich checkte im Hotel Medinik Old Town ein und traf mich danach wieder mit Jan und seiner Familie in einer Pizzeria. Ein paar Biere später war Zeit für die Verabschiedung und Jan, den ich vor circa 10 Jahren zum Radfahren überredete, hatte jetzt die zehntausend Kilometer Marke für das Jahr 2024 bereits überschritten. Aus dem übergewichtigen Jan vor zehn Jahren wurde ein Semiprofi und mit den Jahren, die wir gemeinsam als Consulter gearbeitet haben, ist ein tiefe Freundschaft entstanden. Abends erkundete ich noch diese wunderschöne Stadt. Das Kolleg der Jesuiten und der Dom der heiligen Barbara zählten zu den Höhepunkten dieser Besichtigung. In dieser Ecke Tschechiens war ich sich nicht das letzte Mal mit meinem Rad…